25.03.2019
Das Thema brennt den Tierärzten unter den Nägeln: Seit immer mehr Tierkliniken ihre Zulassungen zurückgeben, weil sie die Anforderungen des Nacht- und Wochenenddienstes bei regelkonformer Beachtung des deutschen Arbeitszeitgesetzes kaum noch wirtschaftlich leisten können, sind massive Versorgungslücken kein theoretisches Szenario mehr – womöglich mit spürbaren Folgen für den Tierschutz. Es geht um wohnortnahe Versorgung, aber auch um Einsätze im – ASP lässt grüßen – nicht allzu theoretischen Tierseuchenfall. Erschwerend kommt hinzu, dass die Tierarztbranche die im Arbeitszeitgesetz angelegten Flexibilisierungsmöglichkeiten nicht nutzen kann, solange aufgrund der historisch gewachsenen Verbandsstruktur ohne „gegnerfreie“ Mitgliedschaften keine Kollektivverträge existieren.
Um dennoch Wege für kurzfristige Erleichterungen auszuloten, war eine bpt-Delegation am 19. Februar 2019 beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zu Gast. Das Ministerium war durch die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme und Unterabteilungsleiter Jörg Böttcher vertreten. Für den bpt nahmen Präsident Dr. Siegfried Moder, Geschäftsführer Heiko Färber und Rechtsanwältin Gabriele Moog an dem Treffen teil. Um die Sicht der Praktiker unmittelbar einbringen zu können, waren außerdem Dr. Kai Kreling (für Pferde) und Dr. Bodo Kröll (für Kleintiere) mit in Berlin.
Die eindringlichen Schilderungen der Tierärztevertreter schienen beim BMAS durchaus anzukommen. Gleichwohl zeigte man wenig Neigung, Änderungen am Arbeitszeitgesetz in Erwägung zu ziehen. Vielmehr wurde mehrfach ermutigt, kollektivvertragliche Regelungen einzurichten. Stichworte, die von Ministeriumsseite fielen, waren zum einen die Stärkung der Freien Mitarbeit sowie ein Hinweis auf Entwicklungen im Schornsteinfegerhandwerk.
Beides hat leider einer nachfolgenden Recherche des bpt nicht standgehalten. Zwar gab es im Schornsteinfegerhandwerk eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die mangelnde „Gegnerfreiheit“ zum Gegenstand hatte. Dennoch gibt es hier getrennte Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Die dortige Gewerkschaft hatte lediglich eine problematische Mitgliedschaftsstruktur aufzuweisen, die sie inzwischen per Satzungsänderung behoben hat. Daraus lässt sich aber für die praktizierenden Tierärzte nichts Hilfreiches ableiten. Modelle der Freien Mitarbeit wiederum stehen regelmäßig unter Verdacht der „Scheinselbstständigkeit“. Dem bpt-Rechtsreferat liegen aktuell kritischeFälle vor, die die Hoffnungen dämpfen, auf diesem Weg einen Durchbruch erzielen zukönnen. Aus dem BMAS ist aber noch eine eigene Recherche angekündigt. Die dortige Äußerung erwarten wir gespannt.
Dennoch
ein positives Fazit der Begegnung: Der Handlungsdruck aus der
Tierarztbranche ist ernsthaft zur Kenntnis genommen worden; auch
das Spannungsfeld zwischen unzureichenden Liquidierungsmöglichkeiten im
Notdienst (Grenzen der GOT) ist erkannt. Über die Ressortgrenzen hinweg soll
hier auch der Kontakt zum Bundeslandwirtschaftsministerium gesucht werden,
das sich seinerseits bereits offen für wirtschaftliche Verbesserungen
gezeigt hat. In punkto Arbeitszeit-Flexibilisierung werden indes
weiter tragfähige Lösungen gesucht.