Notdienst bleibt Intensivpatient

13.01.2020

Notdienst bleibt Intensivpatient

An immer mehr Orten werden heute die Tierärzte knapp. Für Tierhalter bedeutet das manch weite Fahrt zum tierärztlichen Notdienst. Die neue Notdienstgebühr könnte mittelfristig Abhilfe schaffen, doch viele Praxen können weiterhin den hohen Personalaufwand für den Bereitschaftsdienst nicht stemmen. Eine neue Tiernotfall-App soll Tierbesitzern helfen, schnelle Hilfe für ihr Tier zu erhalten.  

Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. (bpt) fokussiert den Blick der Besucher seines Messestands bei der Grünen Woche in diesem Jahr auf die wichtigen Aufgaben der Tierärzte in Tier- und Verbraucherschutz. Doch nicht alle tierärztlichen Leistungen können noch als selbstverständlich angesehen werden.  

Gerade die flächendeckende Notdienstversorgung für Tiere ist in erheblicher Gefahr, weil immer mehr Tierarztpraxen den Notdienst an tierärztliche Kliniken abgeben, die gemäß Klinik-ordnung eine 24-stündige Erreichbarkeit sicherstellen müssen. Viele Kliniken geben jedoch ihren Klinikstatus zurück, um dem 24/7-Dienst zu entfliehen. Dafür ausschlaggebend sind ganz wesentlich arbeitszeitrechtliche und betriebswirtschaftliche Gründe.  

Rund 130 Stunden pro Woche muss nämlich eine Klinik/Praxis an Mehrarbeitszeiten abdecken, um einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst aufrechterhalten zu können. Der hierdurch zusätzlich entstehende Personalaufwand ist also schon bei einfacher Teambesetzung enorm und bedarf beträchtlicher Mehreinnahmen. Etwa 60.000 Euro zusätzlichen Umsatz pro Monat müssen im Rund-um-die-Uhr-Dienst erwirtschaftet werden, um zumindest die Kosten decken zu können. Ob sich das im Einzelfall lohnt oder nicht, hängt ganz wesentlich von der Kapazitätsauslastung im Notdienst ab. Hinzu kommt das starre deutsche Arbeitszeitgesetz, das u. a. eine tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag mit maximal 48 Stunden pro Woche und eine verpflichtende Ruhezeit von mindestens 11 Stunden pro Tag am Stück regelt. Bereitschaftsdienste müssen dabei auf die genannte Höchstarbeitszeit angerechnet werden. Nur wenige Klinken in Ballungsräumen sind in der Lage, genügend Personal zu beschäftigen und die hohen Zusatzkosten zu stemmen.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung
Die neu eingeführte verpflichtende Notdienstgebühr im Rahmen der Gebührenordnung für Tierärzte könnte helfen, dass der chronisch verlustreiche Not- und Bereitschaftsdienst aus den roten Zahlen herauskommt. Doch allein das reicht nicht. Aus Sicht des bpt braucht es auch noch eine Flexibilisierung der gesetzlichen Arbeitszeitregeln: „Könnten angestellte Tierärzte Bereitschaftsdienste übernehmen und müssten beispielsweise nur neun oder 10 Stunden Ruhezeit statt der derzeit geltenden 11 Stunden zwischen zwei Arbeitstagen einhalten, selbstverständlich immer im Einvernehmen, wäre das ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, findet bpt-Geschäftsführer Heiko Färber.  

Neue Tiernotfall-App „Tino“
Ein Lichtblick ist die in Zusammenarbeit mit dem bpt neu entwickelte TiernotfallApp „Tino“ des Unternehmens Vetvise, das seine Innovation auf dem bpt-Messestand vorstellen wird. Mit dieser App können sich Tierbesitzer während der Notdienstzeiten mit ihrem Haustierarzt oder einem anderen Tierarzt verbinden lassen, der in der Lage ist, das Tier zu behandeln. So kann per Chat oder Videotelefonie schnell geklärt werden, ob wirklich akut ein Tierarztbesuch notwendig ist oder ein normaler Termin am nächsten Tag ausreicht.          


Podiumsdiskussion „Tierarztmangel/Notdienstkrise – was ist jetzt zu tun?“
am Donnerstag, 23. Januar, 16:00 – 17:00 Uhr auf der Bühne des ErlebnisBauernhofs     

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bpt-Messestand: Halle 3.2 (ErlebnisBauernhof), Stand 121
 
Ansprechpartner für die Presse während der Grünen Woche: Am bpt-Messestand stehen täglich Präsidiumsmitglieder für Gespräche zur Verfügung.
 
Kontakt und Koordination über bpt-Messeleiter Yves Colombel, Tel. 0151-240 32 902



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