16.01.2020
Traditionell im
Vorfeld der Grünen Woche fand gestern der Neujahrsempfang des Bundesverbandes
Praktizierender Tierärzte (bpt) in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft
in Berlin statt. 60 Gäste aus Bundestag, Bundesregierung, Wissenschaft,
Verbänden und Tierärzteschaft waren der Einladung gefolgt.
Thema Nummer 1 war die Notdienstkrise. „Mit der GOT-Notdienstnovelle hat das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zwar einen ersten richtigen Schritt nach vorne gemacht. Allein mehr Geld reicht jedoch nicht aus, um den tierärztlichen Notdienst flächendeckend über alle Tierarten zu erhalten“, machte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder in seiner Ansprache deutlich. Zusätzlich sei eine Flexibilisierung beim Arbeitszeitrecht nötig. Nur mit einer Verkürzung der Ruhezeitregelung sei in Zeiten von Tierärztemangel eine funktionierende Lösung machbar, wenn die bestehende Notdienststruktur nicht zusammenbrechen und damit der Tierschutz gefährdet werden soll, erläuterte Moder das Problem und begrüßte in diesem Zusammenhang den Vorschlag von Bundesminister Altmeier für eine wöchentliche Höchstarbeitszeit.
Auch die Tierseuchenbekämpfung brauche eine flexible Handhabung des Arbeitszeitgesetzes. Die dramatische Entwicklung der Afrikanischen Schweinepest, über die der Präsident des europäischen Praktikerverbands UEVP, Dr. Piotr Kwiecinski, berichtete, machte das eindrucksvoll deutlich. „Wer glaubt, dass mit einem starren 10-Stunden-Tag die Bekämpfung dieser Seuche möglich ist, der wird sein blaues Wunder erleben. Zeit für die Beantragung von Ausnahmegenehmigungen bleibt im Ernstfall auch nicht“, komplettierte der bpt-Präsident das Seuchenszenario.
Ergänzend zu den notwendigen gesetzlichen Änderungen könnte
nach Moders Ansicht auch die mobile Tiernotfall-App Tino dazu beitragen, das Notdienstproblem
zu minimieren. Mitentwickler Johannes Schmidt-Mosig stellte den Gästen die von
Tierärzten mit Unterstützung des bpt entwickelte digitale Lösung vor, die im
Sommer auf den Markt gebracht werden soll.
Über die Notdienstproblematik hinaus bereitet dem
bpt-Präsidenten die Idee des Bundeslandwirtschaftsministeriums Sorgen, die Umsetzung
der Europäischen Tierarzneimittelverordnung mit einem eigenständigen
Tierarzneimittelgesetz zu verbinden. Auch wenn inhaltlich einiges dafürspricht,
hält Moder den Zeitpunkt für völlig verfehlt. Er appellierte deshalb an die
Vertreter des Ministeriums, erst einmal die Umsetzung des Europäischen Rechts
abzuarbeiten und dann gesondert in aller Ruhe und mit der notwendigen Umsicht die
Frage eines eigenständigen Tierarzneimittelgesetzes zu diskutieren. Eile sei
aus seiner Sicht nicht geboten.
Dagegen hoffe er sehr, dass das BMEL in diesem Jahr endlich die
Initiative ergreift und gemeinsam mit Tierärzteschaft und Landwirtschaft über die
verpflichtende Bestandsbetreuung im Rahmen der Umsetzung des
EU-Tiergesundheitsrechts diskutiert. „Eine Forderung, die wir schon seit vielen
Jahren erheben, weil wir glauben, dass mit mehr tierärztlicher Beratung auf den
Höfen nicht nur die Tiergesundheit verbessert wird, sondern auch ein aktiver
Beitrag zum Tierschutz geleistet werden kann“, bekräftigte Moder. Der bpt habe inhaltlich
bereits vorgelegt und die vor nunmehr gut 10 Jahren entwickelten Leitlinien
Bestandsbetreuung im letzten Jahr aktualisiert. Geklärt werden müsse die Frage
der Besuchsfrequenz und vor allem die Bezahlung dieser
Bestandsbetreuungsbesuche. „Wenn es dem Staat ernst ist mit mehr Tierschutz in
den Ställen, dann sollte der Landwirt auch eine staatliche Bezuschussung für
diese Bestandsbesuche bekommen“, findet Moder.