09.08.2021
„Tierhalter müssen
erfahren, was in Brüssel weitgehend im Verborgenen vor sich geht und welche
Konsequenzen die zu befürchtende Entscheidung für ihre Tiere haben wird. Fakt
ist, dass das Europäische Parlament wissenschaftliche Fakten ignoriert und
nicht nur, wie vorgegaukelt wird, Nutztiere von einem Anwendungsverbot
betroffen wären, sondern alle Tierarten“, erläutert bpt-Präsident Dr. Siegfried
Moder die Kampagne. „Zum Wohl aller Tiere müssen wir uns deshalb dafür
einsetzen, dass alle für die Tiermedizin zugelassenen Antibiotika auch in
Zukunft weiter zur Behandlung zur Verfügung stehen. Anderenfalls würde es
schlimmstenfalls den Tod vieler Tiere bedeuten.“
Der Ruf nach
Einschränkungen von Antibiotika in der Tierhaltung wegen zunehmender
Resistenzen ist populär, doch kaum einer kennt Details oder Zusammenhänge.
Nachgewiesenermaßen stammen nur etwa fünf Prozent der Antibiotikaresistenzen
aus der Tierhaltung. „Deshalb macht es wenig Sinn, den Antibiotikaeinsatz bei
Tieren immer weiter zu reglementieren, anstatt dort genauer hinzuschauen, wo Antibiotika
inflationär eingesetzt werden und Resistenzen in der Masse wirklich entstehen“,
betont Moder. Schließlich sind auch Tierärzte Menschen und wollen bei
bakteriellen Infektionskrankheiten ebenso gut behandelt werden können wie jeder
andere auch.“
Parallel zur Unterschriftenkampagne wurde auch eine Online-Petition gestartet, die inhaltlich auf die bpt-Kampagne Bezug nimmt, aber nicht vom Verband initiiert ist. Die Online-Petition zielt primär auf Social Media-Nutzer und soll auch die Tierhalter/innen mitnehmen, die im Aktionszeitraum nicht in die Tierarztpraxen kommen und sich deshalb nicht direkt an der Unterschriftenkampagne beteiligen können.
Im Jahr 2019 wurde die (neue) EU-Tierarzneimittelverordnung
2019/6 verabschiedet. In einem Nachfolgerechtsakt müssen EU-Kommission,
Mitgliedsstaaten und EU-Parlament bis zum Inkrafttreten des Gesetzes im Januar
2022 festlegen, welche Antibiotika künftig für den Menschen vorbehalten und
damit für die Tiermedizin verboten werden sollen.
Im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit des EU-Parlaments (ENVI) wurde Mitte Juli über einen von
der Kommission dazu vorgelegten Entwurf für die Verordnung über „Kriterien für die Einstufung antimikrobieller
Mittel, die für die Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten
sind“abgestimmt. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen hat der
ENVI den auf wissenschaftlicher Expertise basierenden Kommissionsvorschlag abgelehnt, obwohl er mit
der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) sowie EFSA, ECDC, OIE und WHO
abgestimmt war, mithin also ein echter One-Health-Vorschlag ist.
Sollte der im ENVI beschlossene Entschließungsantrag auch im
Europäischen Parlament eine Mehrheit finden, wäre ein komplettes
Anwendungsverbot von Fluorchinolonen, Cephalosporinen der 3.und 4. Generation,
Polymyxinen und Makroliden in der Tiermedizin kaum mehr abzuwenden. Von dem
Anwendungsverbot wären entgegen den Aussagen im Entschließungsantrag nicht nur
landwirtschaftliche Nutztiere, sondern alle
Tierarten betroffen mit dramatischen Auswirkungen für die
Therapie von Tieren. Nach Auffassung der EU-Kommission wären auch keine Ausnahmen
für Einzeltiere bei schwerwiegenden Infektionen möglich, da die EU-Verordnung
2019/6 eine Reservierung von Wirkstoffen für die Humanmedizin vorsieht und dies
über ein Ruhen bzw. Einziehen der Arzneimittelzulassung(en) erfolgen soll.
Ansprechpartner für diese Meldung:
Dr. Siegfried Moder
bpt-Präsident
Tel. 0172 / 36 73 002
Heiko Färber
bpt-Geschäftsführer
Tel. 0170 / 85 65 248