23.09.2024
Unglaublich, aber wahr! Ohne Sinn und Verstand will die Politik auf Bestreben des Bundesrates unnötige Bürokratie für Tierärztinnen und Tierärzte gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung aufbauen, und spricht gleichzeitig über den Bürokratieabbau. Dabei geht in Zeiten von (Nutz-)Tierärztemangel ohnehin schon viel zu viel Arbeitszeit für Bürokratie drauf. Wer soll also künftig noch die Arbeit am Tier machen, wenn wir die vorhandenen Tierärztinnen und Tierärzte noch mehr be- und nicht entlasten? Hier geht es um den Erhalt der flächendeckenden tierärztlichen Versorgung!
Der Bundesrat berät in seiner 1047. Plenarsitzung am 27. September 2024 unter Tagesordnungspunkt 68 über die Novelle der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (Tierärztliche Hausapothekenverordnung - TÄHAV). Die vorgesehenen Regelungen dieser Verordnung dienen einer umfassenden Anpassung an das europäische Tierarzneimittelrecht. In der genannten Plenarsitzung wird der Bundesrat auch über die Annahme der Ziffern Nr. 7 und Nr. 10 der Empfehlungsdrucksache 338/1/24 abstimmen.
Ablehnung sogar durch das BMEL
Selbst das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft lehnt insbesondere die Empfehlung Nr. 7 mit Blick auf das gemeinsame Ziel von Bund und Ländern, Bürokratie abzubauen nachdrücklich ab. Gegenstand der Empfehlung Nr. 7 ist es, die Angaben „Diagnose" und „Chargennummer" (des Arzneimittels) zusätzlich zu den neuen und vereinfachten Dokumentationspflichten über Erwerb, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln zu ergänzen. Das führt ein wesentliches Ziel der TÄHAV-Novelle, nämlich die „1:1- Anpassung" an die verbindlichen EU-Vorgaben und damit eine Reduzierung und Vereinfachung der tierärztlichen Dokumentations- und Nachweispflichten, ad absurdum. Hinzukommt, dass diese Angaben nutzlos sind. In den letzten zwanzig Jahren gab es keinen einzigen Fall, bei dem ein Arzneimittelrückruf zwingendermaßen über die zusätzliche Dokumentation der Chargennummer auf dem Anwendungs- und Abgabebeleg erfolgt ist. Für solche Rückrufe war immer die schon jetzt, auch von der EU weiterhin geforderte, Dokumentation der Chargennummer in der Praxis ausreichend. Zudem lässt sich die Richtigkeit der Angabe „Diagnose“ in der Überwachungspraxis nicht kontrollieren.
Auch die Empfehlung Nr. 10 vermittelt das mangelnde Vertrauen der Politik in die Tierärzteschaft und Landwirtschaft und bedeutet einen weiteren Aufbau von Bürokratie, indem ein zusätzlicher Satz auf der tierärztlichen Verschreibung zu ergänzen ist, der den doppelten Bezug von Arzneimitteln durch Tierhaltende ausschließen soll. Dieser Satz bedeutet mehrere Dokumentationsvorlagen, spricht dem Personal in öffentlichen Apotheken die Kompetenz ab und stört ggf. auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Tierärztinnen und Tierärzten und Tierhaltenden. Das ist weder im Sinne des Bürokratieabbaus und der Vereinfachung von Dokumentationspflichten noch zielführend.
Die Tierärzteschaft ist empört über dieses Foul und fordert die rote Karte. Der bpt fordert die Politik daher dringend dazu auf, zu ihrem Wort zu stehen, endlich Bürokratie ab- statt aufzubauen und die Empfehlungen Nr. 7 und 10 abzulehnen.
Ansprechpartner
Dr. Siegfried Moder (bpt-Präsident)
E-Mail: bpt.moder@tieraerzteverband.de