04.11.2024
(BTK/DVG/bpt – Berlin, 04.11.2024) Rechtssicherheit, weniger Bürokratie und Erhalt von Notdiensten – das sind die konkreten Ziele der neu gegründeten Leitlinienkommission. Die Kommission adressiert damit ein Problem, das schon seit einiger Zeit in der Tierärzteschaft gärt und nun durch einen strukturierten Dialogprozess wissenschaftliche Erkenntnisse und deren praktische Umsetzbarkeit ins Gleichgewicht bringen soll. Die Kommission wird von der Bundestierärztekammer e.V. (BTK), der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e.V. (DVG) und dem Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. (bpt) getragen und nimmt am 1. Januar 2025 ihre Arbeit auf. Am 1. November haben die drei Verbandspräsidenten Ltd. VD Dr. Holger Vogel (BTK), Prof. Martin Kramer (DVG) und Dr. Siegfried Moder (bpt) den Kooperationsvertrag am Rande des DVG-Vet-Congresses in Berlin unterzeichnet.
Prozess – transparent und demokratisch
Hauptaufgaben der Leitlinienkommission sind die Erstellung von Leitlinien für die Arbeit von Tierärzt:innen sowie für die Leitlinien selbst. In fachspezifischen Arbeitsgruppen sollen sowohl bestehende Leitlinien überprüft und angepasst, aber auch neue Leitlinien erarbeitet und neue Arbeitsgebiete identifiziert werden, für die die Erstellung von Leitlinien eine Arbeitserleichterung für die Tierärzteschaft darstellen könnte. Dabei gilt immer das Einstimmigkeitsprinzip. Nur wenn alle drei Verbände zustimmen, kann der Leitlinienprozess gestartet bzw. abgeschlossen werden. Leitlinienentwürfe sollen künftig beim DVG-Vet-Congress und beim bpt-Kongress vorgestellt und diskutiert werden, damit möglichst viele Meinungen aus der Tierärzteschaft mit einfließen. Die DVG übernimmt die Verwaltung der Leitlinienkommission und die Aktualisierung der neuen Homepage, auf der künftig die finalen Leitlinien sowie deren Entwürfe veröffentlicht werden.
Rechtssicherheit mit weniger Bürokratie
Ziel der Leitlinienkommission ist die Herstellung von Rechtssicherheit für Tierärzt:innen. Diese sehen sich aktuell vermehrt juristischen Verfahren ausgesetzt, in denen die Leitlinien mangels Alternativen durch Gutachter wie Gerichte als Behandlungsgrundlage herangezogen werden. Dabei werden die Leitlinien ohne eine dringend nötige Prüfung der Umsetzbarkeit unter üblichen Praxisbedingungen angewendet – mit fatalen Folgen für die behandelnden Tierärzt:innen. Dies führt u. a. dazu, dass die Übernahme von Notdiensten zunehmend verweigert wird, weil unter Notdienstbedingungen bestimmte Leitlinienvorgaben schlichtweg nicht erfüllbar sind. Selbst vollausgestattete Kliniken haben mitunter Schwierigkeiten, alle Vorgaben zu erfüllen. Gerade in Zeiten von Tierarzt(stunden)mangel muss aber die Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Notdienstes aus Tierschutzgründen erste Priorität haben. Die Anpassung bestehender Leitlinien ist deshalb unabdingbar. Insbesondere für den Notdienst sollen künftig besondere Regelungen greifen, damit nicht jede Abweichung von einer Leitlinie detailliert dokumentiert und begründet werden muss, was Zeit spart, die für die Arbeit am Tier zur Verfügung steht.
Die Idee zur Gründung der Leitlinienkommission ist beim Round Table „Leitlinien – Rechtssicherheit oder Bürokratiemonster?“ beim bpt-Kongress 2023 in München entstanden und wurde in den vergangenen Monaten von den drei Verbänden in mehreren Gesprächsrunden konkretisiert.