13.09.2021
Sehr geehrter Herr
Abgeordneter Häusling,
mit Erstaunen haben
wir Ihre Pressemitteilung vom 10.09.2021 zur Kenntnis genommen. Sie beziehen
sich darin auf ein Factsheet der EU-Kommission zum in der Diskussion stehenden
Delegierten Rechtsakt (DR), der antimikrobielle Mittel für die Humanmedizin
reservieren soll, und suggerieren der Öffentlichkeit, die aufgeführten Fakten
seien ein Novum, obgleich Sie es als verantwortlicher Berichterstatter des
EU-Parlaments besser wissen sollten.
Denn das Factsheet fasst
doch lediglich die Inhalte des ursprünglich von der Kommission vorgelegten,
wissenschaftlich fundierten Entwurfs der Europäischen Arzneimittelbehörde für
die Kategorisierung der Antibiotika zusammen, der in der Sitzung des
EU-Umweltausschusses am 13. Juli auf Ihre maßgebliche Initiative hin abgelehnt
wurde, weil er Ihnen nicht weit genug geht. Im Gegensatz zur Kommission haben
Sie ein komplettes Anwendungsverbot von Fluorchinolonen,
Cephalosporinen der 3.und 4. Generation, Polymyxinen und Makroliden in der
Tiermedizin gefordert, von dem alle Tierarten mit dramatischen Auswirkungen für
ihre Therapie betroffen sind, sofern die Einzeltierbehandlung nicht in das
zugrundeliegende Gesetz, die EU-Tierarzneimittelverordnung 2019/6, aufgenommen
wird. Sie selbst weisen in Ihrer Pressemitteilung sogar darauf hin, dass die
Kommission dieses Gesetz explizit nicht ändern will, abgesehen davon, dass
dafür auch keine Mehrheit bei den Mitgliedsstaaten und wohl auch nicht im
EU-Parlament vorhanden ist.
Die o. g. Antibiotika-Wirkstoffklassen sind jedoch essenziell für die Tiermedizin, sodass ein Verbot eben genau nicht dem dritten Kriterium im DR der Kommission entspricht (essenziell für Human- und Tiergesundheit). Sie unterstellen uns Fake-News zu verbreiten und rufen uns allen Ernstes auf, wir sollten Schadensbegrenzung betreiben, weil wir sonst endgültig bewiesen hätten, dass uns die Belange der Kleintierpraxen unterm Strich weniger wichtig sind als die Interessen einiger weniger Praxen, die ihr Geld vor allem in der Geflügelindustrie und Schweinehaltung verdienen? Das ist mehr als grotesk und erinnert an die erfolglose Schlammschlacht ihres Spitzenkandidaten Jürgen Trittin im Wahlkampf 2013, der uns Tierärzte/innen pauschal als ‚Drogendealer‘ diskreditiert hat.
Nochmal zur
Erinnerung: Wohlwissend um die u. U. strengeren Regelungen hat sich der bpt von
Anfang an für den wissenschaftlich ausgewogenen One-Health-Ansatz der
EU-Kommission ausgesprochen, weil wir uns der Verantwortung für die Gesundheit
von Mensch und Tier bewusst sind. Und, sehr geehrter Herr Häusling, wie oft
sollen wir es noch sagen: Wir Tierärzte/innen sind nicht für die Haltungsformen
in der Nutztierhaltung verantwortlich. Sie als Politiker schon. Als Politiker
können sie das ändern, wir Tierärzte/innen sind Kraft unserer Berufsordnung hingegen
primär dazu verpflichtet, Krankheiten bei Tieren zu verhindern oder zu heilen. Das
ist unser Auftrag, für den wir uns einsetzen. Darin unterstützen uns auch mehr
als 600.000 Tierhalter/innen mit Ihren Unterschriften. Das ist ein großer
Vertrauensbeweis in unsere medizinische Kompetenz.
Sie dagegen
versuchen seit Wochen mit der Verbreitung nebulöser Informationen und der
Verquickungen unterschiedlicher Themen unseren Verband zu diskreditieren. Das
alles hätte leicht verhindert werden können, wenn Sie in den letzten Wochen das
Gespräch zu uns gesucht oder Ihre Parteivorsitzenden Frau Baerbock und Herr
Habeck unser Dialogangebot vom 25. August angenommen hätten. Das war aber ganz offensichtlich
nicht gewollt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Siegfried Moder
(bpt-Präsident)